Menschen mit Behinderung – im Nationalsozialismus “lebensunwertes Leben”

Verschiedene Rechte sichern heute allen Menschen, natürlich auch Menschen mit Behinderung, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu. Dies umfasst auch die Bereiche von Geschichte und Erinnerung. Ganz anders war das zur Zeit des Nationalsozialismus: Menschen mit Behinderung wurden damals angefeindet, entrechtet und sogar umgebracht. Die gezielten Mordaktionen bekamen den schauerlichen Codenamen ‘Euthanasie’ (gr. gutes Sterben). Die Internetseite t4-denkmal.de bietet zahlreiche Informationen, Opferbiographien und Materialien über die nationalsozialistischen ‘Euthanasie’-Morde in leichter Sprache sowie Videos in Gebärdensprache. Alle Informationen stehen zudem in deutscher und englischer Sprache zur Verfügung. Betreut wird die Internetseite von der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und ist barrierefrei zugänglich.

Heute sind in den ehemaligen Tötungsanstalten der Nationalsozialisten Gedenkstätten mit umfangreichen Ausstellungen, die teilweise auch in Kooperation mit Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen erstellt wurden. Daneben bieten die Gedenkstätten zahlreiche Weiterbildungsangebote, Materialien und pädagogische Angebote mit inklusivem Anspruch an (siehe etwa https://www.stsg.de/cms/pirna/startseite [16.2.2019]).

Wie kam es zu den ‘Euthanasie’-Verbrechen?

Im Jahr 1934 trat im nationalsozialistischen Deutschland das sogenannteGesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses in Kraft. Mit Beginn des 2. Weltkrieges im Jahr 1939 begann auch die systematische Ermordung von Menschen mit psychischen Erkrankungen, geistigen oder mehrfachen Behinderungen. Nicht selten wurden aber auch Menschen für krank erklärt, die sich nicht den Verhaltensnormen der Nazis unterwerfen wollten. Im April 1940 wurde die Organisationszentrale der Mordaktionen in die Berliner Tiergartenstraße 4 verlegt – daher der Name T4. Die Tötung wurde von den Nationalsozialisten als “Akt der Erlösung” bezeichnet. Sie waren der Ansicht, dass Behinderte oder Kranke ein sinnloses Leben auf Kosten des Staates und der Gesellschaft führen würden.

Insgesamt gab es im Zuge der “Aktion T4” sechs psychiatrische Einrichtungen (Grafeneck, Brandenburg, Hartheim, Pirna-Sonnenstein, Bernburg und Hadamar), in denen verdeckte Mordaktionen stattfanden. Bis zu 70.000 Menschen fielen ihnen zum Opfer. Die Betroffenen ließ man verhungern oder sie wurden mit Medikamenten oder in Gaskammern umgebracht. Daneben existierten zahlreiche sogenannte ‘Zwischenanstalten’, in denen die Patienten einige Wochen auf ihre Ermordung warten mussten. In allen Anstalten arbeiteten Ärzte, Krankenpfleger und -schwestern, Handwerker, Kraftfahrer und Verwaltungsangestellte, die die Morde organisierten und bürokratisch abwickelten. Niemand sollte bemerken, dass die “Heil- und Pflegeanstalten” für grausame Morde missbraucht wurden.

Um die Massentötungen in den Gaskammern der Anstalten geheim zu halten, wurden die Opfer danach verbrannt. Unter falschen Angaben wurden Sterbeurkunden ausgestellt, die neben der falschen Todesursache auch ein falsches Datum und einen falschen Sterbeort enthielten. Der hohe bürokratische Aufwand hatte das Ziel, neben der Tötung auch die “Aktion T4” insgesamt geheim zu halten.

Die Tötungen in den psychiatrischen Einrichtungen dienten auch zur Vorbereitung der von den Nationalsozialisten geplanten Ermordung der europäischen Juden. Dafür wurden verschiedene grausame Methoden entwickelt und ‘getestet’: Ziel war ein Verfahren zur massenhaften industriellen Tötung von  Menschen.

Die während der Euthanasieverbrechen eingesetzten sogenannten Gaskammern wurden später von den  NS-Vernichtungslagern übernommen. Teilweise galt das auch für das an den Tötungen beteiligte Personal.  

Mithilfe des mBooks Geschichte für das Gemeinsame Lernen NRW (Kapitel 10.9, Unterkapitel 1, 5 und 6) und der Webseite zum T4-Denkmal der Stiftung lassen sich sowohl die Ideologie der Nationalsozialisten als auch die Verbrechen an Menschen mit Behinderung vertieft thematisieren.